


Neuscholastik verstehen: Eine philosophische und theologische Bewegung
Die Neuscholastik ist eine philosophische und theologische Bewegung, die im späten 19. Jahrhundert entstand und bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts andauerte. Sie zeichnete sich durch ein erneutes Interesse an den Werken von Thomas von Aquin und der scholastischen Methode aus, die den Einsatz von Vernunft und Argumentation zum Verständnis und zur Verteidigung der katholischen Lehre betont.
Der Begriff „neoscholastisch“ wird verwendet, um diese Bewegung von der ursprünglichen Scholastik zu unterscheiden des Mittelalters, bekennt sich aber auch zu seiner Verpflichtung gegenüber dieser Tradition. Neoscholastische Denker versuchten, die Erkenntnisse der modernen Philosophie und Theologie auf die traditionellen Lehren der Kirche anzuwenden und sich gleichzeitig mit den Herausforderungen der Moderne und der wissenschaftlichen Revolution auseinanderzusetzen.
Einige Schlüsselmerkmale der Neoscholastik sind:
1. Ein Fokus auf den Einsatz von Vernunft und Argumentation in theologischen Untersuchungen, anstatt sich einfach auf Autorität oder Tradition zu verlassen.
2. Eine Betonung der Bedeutung der Metaphysik und des Studiums des Seins sowie der Natur Gottes und der Welt.
3. Ein Bekenntnis zu der Idee, dass Glaube und Vernunft sich ergänzen und nicht gegensätzlich sind und dass sie in einer harmonischen Synthese zusammengeführt werden können.
4. Die Bereitschaft, sich mit modernen philosophischen und wissenschaftlichen Ideen auseinanderzusetzen und gleichzeitig deren Vereinbarkeit mit der katholischen Lehre kritisch zu bewerten.
5. Eine Betonung der Bedeutung der Sakramente und der Rolle der Gnade bei der menschlichen Erlösung.
Einige bemerkenswerte neoscholastische Denker sind:
1. Thomas von Aquin (gest. 1274), dessen Werke wiederentdeckt wurden und einen gro+en Einfluss auf die Bewegung hatten.
2. Joseph Kleutgen (1801-1883), der ausführlich über die Beziehung zwischen Glauben und Vernunft schrieb.
3. Matthias Joseph Scheeben (1831-1888), der einen neuscholastischen Ansatz zur Lehre der Kirche entwickelte.
4. Johann Baptist Franzelin (1806-1876), der ein prominenter Verteidiger der Lehren der Kirche über die Unbefleckte Empfängnis und die Aufnahme Mariens in den Himmel war.
5. Edward Schillebeeckx (1902–2009), der ausführlich über die Beziehung zwischen Glaube und moderner Kultur schrieb.



